Rasiermesser richtig schärfen. von Leonhard Ullrich

Rasiermesserschärfen auf die Schnelle

Zielschärfe

Ein Rasiermesser sollte so scharf sein, dass es den Hanging Hair Test besteht. Dabei wird ein Haar zwischen Daumen und Zeigefinger fest eingeklemmt und ca. 1 cm oberhalb dieser Stelle mit dem Rasiermesser berührt. Dabei sollte das Haar vollständig gekappt werden.

Schleifwinkel beim Rasiermesserschärfen

Beim Schärfen von Rasiermessern liegt das Rasiermesser mit dem Rücken und der Schneide gleichzeitig auf dem Schleifmittel auf. Dadurch wird der Schleifwinkel festgelegt.

Ausrüstung

Beim Rasiermesserschärfen braucht Ihr passende Schleifmittel, Chromoxid- und einen unbehandelten Lederriemen. Ich habe hier unterschiedliche Schleifsets für verschiedene Geldbeutel zusammen gestellt. Idealerweise sollten die Schleifmittel breiter sein als die Rasiermesserschneide. Dadurch kann man als optimale Schleifbewegung den geraden Hub verwenden.



6 Stufen Programm zum Schärfen von Rasiermessern

Beim Schärfen von Rasiermessern muss in einer bestimmten Abfolge vorgegangen werden, um erfolgreich die Hanging-Hair-Test-Schärfe zu erhalten. Beim Schleifen auf Schleifsteinen bin ich mit folgendem Vorgehen meist erfolgreich unterwegs.

0. Zustand des Rasiermessers begutachten und danach die Startkörnung festlegen

  • bei stumpfen oder verschliffenen Messer wird mit einer gröberen Körnung (maximal 1000'er Körnung, bei Ausbrüchen oder starken Anpassungen auch schonmal 400'er) gestartet
  • bei einem angeblich "rasierfertigen" neuen Messer vom Hersteller starte ich meist mit einer 1000'er Körnung
  • bei einem Messer das noch ziemlich scharf ist, aber nicht mehr so gut rasiert, starte ich meist mit einer 3000'er Körnung

Der Schliff auf der Startkörnung bildet das Fundament, baut die Schneidkante neu auf und legt damit die Grundlage für die Schärfe des Rasiermessers. Die meisten Anfängerschärfprobleme resultieren aus zu feinen Startsteinen. Was ich mit Startkörnung nicht erreiche erreiche ich in den nachfolgenden Stufen erst recht nicht mehr.

1. Schliff auf der Startkörnung

Mit geraden Hüben wird das Rasiermesser wie im Video gezeigt auf der Startkörnung geschliffen. Hierbei baut sich nach und nach die neue Schneidkante auf. Wenn ich denke, dass ich mit dem Schliff auf der Startkörnung fertig bin, reduziere ich den Grat auf der Startkörnung, indem ich mit wenig Druck schärfe und bei jedem Hub einen Richtungswechsel mache. Anschließend versuche ich, mir die Armhaare abzurasieren. Spätestens ab der 1000'er Körnung sollte das einigermaßen gut über die ganze Schneidenlänge funktionieren.

2. Schliff auf Anschlusskörnungen

Nun wechsle ich auf eine Anschlusskörnung, die in der Mitte zwischen Startkörnung und Abschlusskörnung liegt. Ziel hiervon ist es, die neu aufgebaute Schneidkante zu weiter verfeinern und eine möglichst mikrosägenarme Schneidkante zu erzeugen. Wenn ich auf dem 400'er Stein gestartet bin, arbeite ich meist in 2 Schritten mit einem 1000'er und 3000'er Stein.

3. Schliff auf der Abschlusskörnung und Grat reduzieren

Mit einem passenden Stein als Abschlusskörnung wird die Feinheit der Schneidkante maximiert. Die Schneidkante sollte unter dem Mikroskop eine möglichst gleichmäßige Linie zeigen. Alle gröberen Bearbeitungsspuren der vorangegangenen Schleifmittel sollten daher entfernt werden. Sind die Spuren entfernt wird durch wechselseitiges Schärfen mit jeweils einem Hub pro Schneidenseite für insgesamt 5 bis 10 Hübe der Schleifgrat reduziert.

4. Ggfs. Kieselermethode

Stehen einem nicht so feine Schleifsteine (feinste Körnung kleiner als 8000) zur Verfügung, so sollte nach der letzten Schleifstufe die Kieselerdemethode durchgeführt werden, um mit einer möglichst gleichmäßigen Schneidkante im weiteren Prozess weiter zu machen.

5. Schleifgrat entfernen

Nun wird das Rasiermesser erstmal ordentlich gereinigt, alle Schleifpartikel oder Reste der Kieselerde müssen entfernt werden, bevor Ihr auf einem Chromoxidriemen mit möglichst wenig Durchhang des Riemens und wenig Druck auf dem Rasiermesser den Schleifgrat mit wenigen Hüben (vielleicht 5 bis maximal 10 pro Seite) vollständig entfernt und die Schneidkante noch ein wenig verfeinert. Doch im Gegensatz zum Messerschärfen ist hier noch nicht Schluss. Meist reicht die damit erreichbare Schärfe nicht aus, um den Hanging Hair Test zu bestehen.

6. Rasiergrat erzeugen

Bevor man sich an das Rasieren wagt muss nämlich noch auf einem unbehandelten Lederriemen der "Rasiergrat" an der Rasiermesserschneide erzeugt werden. Das klingt seltsam, aber es ist wirklich so. Die maximale Schärfe entsteht nachdem das Rasiermesser für ca. 100 bis 120 Hübe pro Seite auf einem unbehandelten feinporigen Lederriemen abgezogen wurde.